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Energiepolitisches Umdenken in der Ukraine?

Der Ukraine steht das Wasser bis zum Hals. In einem Monat wird sich zeigen, ob die Drohung Putins, der Ukraine Erdgas nur noch auf Vorkasse zu liefern, ernst gemeint ist.

Vieles spricht dafür. Bereits zweimal hat Gazprom die Erdgaslieferungen in die Ukraine unterbunden, mit erheblichen Auswirkungen auch auf weite Teile der EU. Dass die Ukraine die Vorkasse und die nach Forderungen Gazproms aufgelaufenen Erdgasschulden von 2,2 Mrd. Euro nicht bezahlen kann, liegt bei einer Staatsverschuldung am Rande des Staatsbankrottes auf der Hand.

Bis heute schien die politische Führung das Problem vor allem mit alten energiepolitischen Vorstellungen lösen zu wollen: Erdgas und Erdöl aus Russland, ergänzt um das umweltschädliche Frackinggas – und im Mittelpunkt steht die schmutzige Kohle, vor allem aus dem Osten der Ukraine und natürlich die Atomenergie, als hätte es das Tschernobyl-Desaster nie gegeben. Erneuerbare Energien spielten eine eher untergeordnete Rolle, obwohl immerhin ein EEG eingeführt wurde. Dieses soll aber noch mit Vorgaben aus der Janukowitsch-Regierung massiv beschnitten werden, sogar mit rückwirkenden Eingriffen. Die bisherigen eher marginalen Erneuerbaren Energien befinden sich übrigens zu etwa 40% auf der Krim, sind also offensichtlich auch nach Russland gefallen.

Immerhin gibt es seit Jahren bereits Investitionen und auch gute Kongresse und treibende unternehmerische wie NGO-Kräfte für Erneuerbare Energien. Wie stark aber das Unwissen und die Ablehnung gegen Erneuerbare Energien in der Regierung wirklich waren, wurde mir in einem Gespräch im Jahre 2008 mit dem damaligen ukrainischen Energieminister bewusst: Atomkraft sei die sicherste und wichtigste Energietechnologie und Windkraftanlagen würden nur Vögel schreddern.

Nun gab es eine bemerkenswerte Öffnung in der letzten Woche. Bei einem Kongress für Erneuerbare Energien in den USA warb Olexander Motsykden, der ukrainische Botschafter in den USA, bei US-Firmen für Investment in Erneuerbare Energien, damit die Abhängigkeit der Ukraine von russischen Energielieferungen vermindert werden könne. Sicherlich ist das noch keine Kursänderung der Regierung insgesamt, aber doch eine bemerkenswerte Regierungsäußerung.

Ich werde diese ermutigende Äußerung des ukrainischen Botschafters in den USA zum Anlass nehmen und meine Kontakte in die Ukraine verstärken, um dort das Bewusstsein für Erneuerbare Energien zu schärfen. Deutsche und europäische Firmen aus der Branche der Erneuerbaren Energien sollten diese Gelegenheit ebenfalls nutzen und der ukrainischen Regierung aktiv eine Zusammenarbeit anbieten.

Erschreckend ist, dass weder von EU-Ebene noch von der deutschen Regierung irgendein in der Öffentlichkeit bekanntes Angebot an die Ukraine gemacht wurde, mit Erneuerbaren Energien mehr Energieunabhängigkeit zu erreichen. Stattdessen wird versucht, über RWE Erdgas in die Ukraine zu liefern – ein schon im nächsten Winter aussichtsloser Ansatz. Aber es passt schlicht in die Logik dieser Bundesregierung. Wer wie Wirtschaftsminister Gabriel die Erneuerbaren Energien im eigenen Lande nur deckeln und ausbremsen will, ist blind für deren Potenzial, sowohl Deutschland, als auch die Ukraine aus der russischen Energieabhängigkeit zu befreien. © Hans-Josef Fell 2014

Die Äußerung des ukrainischen Botschafters finden Sie hier

Quelle

Hans-Josef Fell 2014Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

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