Energieverbrauch: Wesentliche Ziele der Energiewende werden bis 2023 nicht erreicht
Die Energiewende wird nach Experteneinschätzung nicht zu dem erwünschten geringeren Energieverbrauch führen.
Die Energiewende wird nach Experteneinschätzung nicht zu dem erwünschten geringeren Energieverbrauch führen. Das ergab eine kürzlich erschienene Studie des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e. V. an der Universität Leipzig und der Berliner Strategieberatung SNPC GmbH. Nach Einschätzung von Experten aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft wird der Energiebedarf bis 2023 nicht im erwarteten Maße abnehmen.
Rebound-Effekt hebt Einsparungen durch Mehrverbrauch auf
„Die versprochenen Stromeinsparungen werden durch die zunehmende Elektrifizierung des Alltags und den sogenannten Rebound-Effekt aufgehoben. Einerseits gibt es immer mehr stromverbrauchende Geräte wie zum Beispiel Tablet-Computer. Anderseits werden alte Geräte zwar durch effizientere ersetzt, diese sind aber, wie man am Beispiel Flachbildfernseher sieht, oft deutlich größer und nehmen mehr Leistung auf“, sagte der Geschäftsführer der SNPC GmbH, Robert Krock. Ähnlich verhalte es sich mit Energiesparlampen, die oft häufiger und vor allem länger brennen als ihre Vorgängermodelle. In beiden Fällen werde neue, stromsparende Technik eingesetzt, die aber dazu verleitet, mehr Energie zu verbrauchen als vorher.
Dämmung für Privatpersonen nicht unbedingt rentabel
Der Wärmebedarf wird zwar der Studie zufolge bis 2023 abgenommen haben, allerdings längst nicht in dem Maße, wie es wünschenswert ist und von der Regierung angestrebt wird. Die Möglichkeiten privater Hausbesitzer, in Wärmedämmung zu investieren wurden zu optimistisch geschätzt, so die Experten. Laut Dr. Oliver Rottmann, geschäftsführender Vorstand des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft könnten Privatleute mit ihrem Geld nicht in so langen Zeiträumen rechnen wie öffentliche oder private Wohnungsunternehmen. Trotz historisch günstiger Finanzierungskonditionen seien die Amortisationszeiträume meist zu lang. Im Vergleich zu hocheffizienten Wärmeerzeugern und noch immer günstigen Energiepreisen rechnen sich die Investition in Dämmung einfach nicht.
Elektroautos gesellschaftlich noch nicht als Fortbewegungsmittel anerkanntNoch deutlicher wird der Faktor „Mensch“ bei der Elektromobilität. „Zwar wird bis 2023 die Zahl der Elektrofahrzeuge leicht zugenommen haben, aber der große Boom wird nicht kommen“, erklärte Rottmann weiter. Selbst Menschen, die ihr Fahrzeug fast ausschließlich innerstädtisch verwenden, bleiben bei Benzin, Diesel- und Gasantrieben. Die Wahrnehmung des Elektroautos als kurzatmiges, leistungsschwaches und teures Vehikel führt dazu, dass Elektroautos sich nicht in dem Maße durchsetzen wie gewünscht. Die Dominanz in der Effizienz verbesserter Verbrennungsmotoren bleibt bestehen.
Energiewende nicht nur technisch, sondern auch gesellschaftlich herausfordernd
Bei Stromverbrauch, Wärmebedarf und Elektromobilität wird deutlich: Die Energiewende ist nicht nur ein technisch getriebenes Projekt. „Wenn es nicht gelingt, die gesellschaftlichen Anforderungen mit der gleichen Sorgfalt zu begleiten, wird die Energiewende weit hinter ihren technischen Möglichkeiten zurückbleiben“, meinte Rottmann.
Hintergrund der Studie
Die Studie bietet Informationen für Entscheider über die erwartete Marktentwicklung. Weitere Ergebnisse zeigen für Energieversorger, Verbraucher, Industrie- und Gewerbe wichtige Zukunftsentwicklungen in der Struktur des Energiemarkts, bei technischen Lösungen, Energieverbrauch und Energieträgern auf. Selbst wenn nicht alle darin beschriebenen Zukunftsszenarien eintreten, können Entscheider sie nutzen, um ihre Geschäftspläne auf Robustheit und Zukunftsfähigkeit zu überprüfen.
Die Studie basiert auf Einschätzungen und Prospektionen führender Repräsentanten und Entscheider mit Bezug zum Energiemarkt aus den sieben Gruppen Energiewirtschaft, Wissenschaft, Konsumenten und ihren Interessensorganisationen, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften sowie Politik und Verwaltung.
Die Studie kann unter rottmann@wifa.uni-leipzig.de sowie unter robert.krock@snpc.de kostenfrei bezogen werden.
Quelle
Universität Leipzig 2013