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Energiewende-Kosten: Regierungsgutachter widersprechen Gabriel

Geplante Abgabe auf Solarstromanlagen senkt Stromtarife nicht.

Wissenschaftler und Verbraucherschützer raten von geplanter `Sonnensteuer´ab, um weiteren Solarstrom-Ausbau zu ermöglichen

Die von der Bundesregierung geplante finanzielle Belastung von Solarstrom-Selbstversorgern senkt nicht die Energiewende-Kosten, wie von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wiederholt behauptet wurde.

Zu diesem Ergebnis kommt ausgerechnet ein Gutachten, das von der Bundesregierung selbst in Auftrag gegeben wurde. Die Gutachter empfehlen darin, Solarstrom von Umlagen und Netzentgelten befreit zu halten, um einen weiteren Ausbau der Solarenergie wirtschaftlich zu ermöglichen. Finanzielle Mehrbelastungen seien für die Allgemeinheit mit der Beibehaltung der EEG-Umlagebefreiung von Solarstrom nicht verbunden. Der Verbraucher-Strompreis profitiere vielmehr sogar derzeit durch eine „Entlastung der EEG-Umlage“.

Das Gutachten steht damit im klaren Widerspruch zu dem Vorhaben von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, ab 1. August eine „Sonnensteuer“ einzuführen und die Solarstromnutzung für den Selbstverbrauch aus neuen Solaranlagen durch Gewerbe und größere Privathaushalte mit in der Regel 50% der EEG-Umlage zu belasten (derzeit entspricht dies rund 3,1 Cent je Kilowattstunde).

Zuvor hatte bereits die Verbraucherzentrale Bundesverband darauf hingewiesen, dass das vom Bundeswirtschaftsminister angebrachte Kostenargument nicht zieht. Auch längerfristig würden Privathaushalte durch die geplante „Sonnensteuer“ bestenfalls um rd. 50 Cent im Jahr entlastet. Gemeinsam mit einem breiten gesellschaftlichen Bündnis hatten die Verbraucherschützer deshalb gefordert, auf das Vorhaben zu verzichten.

Bislang ist der für den Eigenverbrauch selbst erzeugte Solarstrom von der EEG-Umlage befreit. Künftig soll dies jedoch nur noch für sehr kleine Solaranlagen mit einer Größe von maximal 10 Kilowatt gelten, wie sie im Eigenheimbereich üblich sind.

Die Solarbranche rechnet in der Folge mit einem weiteren Markteinbruch in Deutschland, da sich Photovoltaik-Investitionen dann für Gewerbe und größere Privathaushalte nur noch in wenigen Ausnahmefällen rechnen. Verbraucherschützer und Bundesverband Solarwirtschaft e.V. wollen notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die geplante Abgabe auf Ökostrom klagen. Mehrere Gutachten haben erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die geplante „Sonnensteuer“ aufgeworfen.

Das erst heute bekanntgewordene Gutachten „Stromerzeugung aus Solarer Strahlungsenergie“ wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellt und bereits Anfang 2014 der Bundesregierung zugestellt. Konkret heißt es in der vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg angefertigten Expertise auf Seite 78: „ PV-Eigenverbrauch führt heute zu einer Entlastung der EEG-Umlage, da die eingesparten spezifischen Differenzkosten höher als die durch den Eigenverbrauch entgangene EEG-Umlage sind.“

Auf Seite 84 führen die Gutachter weiter aus: „Weiterhin sinkende Vergütungssätze erfordern zunehmend höhere Eigenverbrauchsanteile, die nicht durch Belastungen (z.B. Netzentgelte, Umlagen) des Eigenverbrauchs eingeschränkt werden sollten, um weiterhin PV-Zubau wirtschaftlich zu ermöglichen.“ Letzteres ist eigentlich auch die erklärte Zielsetzung der Großen Koalition. Noch im Januar hatte sie auf einer Klausurtagung in Meseberg beschlossen, dass bei der EEG-Reform darauf zu achten sei, dass „das neue EEG die Wirtschaftlichkeit von Erneuerbare-Energien-Anlagen (…) wahren wird“.

Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. sieht jetzt den Bundestag in der Pflicht, die „Sonnensteuer“ aus dem Gesetzesentwurf zu streichen. „Andernfalls setzt sich die Politik dem Verdacht aus, sich zum Erfüllungsgehilfen großer Energiekonzerne zu machen. Diese haben großes Interesse an dieser Abgabe, um durch eine zunehmende Energieversorgung in Bürgerhand nicht weitere Marktanteile zu verlieren“, so Körnig. Gleichzeitig sei mit der „Sonnensteuer“ eine deutliche Benachteiligung Erneuerbarer Energien verbunden.

Während Klimaschützer künftig zur Kasse gebeten werden, sollen industrielle Konsumenten fossiler Energie weitgehend von den Kosten der Energiewende befreit werden. Im Schatten der aktuellen Kostendebatte werde mit der aktuellen Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nach Einschätzung von Körnig darüber entschieden, wer künftig mit welcher Technologie das Rennen macht. „Geht es weiter mit der Demokratisierung und Modernisierung unseres Energiesystems oder erleben wir eine Remonopolisierung und Zementierung überkommener zentraler Versorgungsstrukturen und wird die Energiewende ausgebremst?“

Quelle

Bundesverband Solarwirtschaft 2014

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