Freihandelsabkommen mit den USA
Kultur und Umwelt brauchen keine Deregulierung.
Die Spitzenverbände aus dem Umwelt- und Kulturbereich, der Deutsche Naturschutzring (DNR) und der Deutsche Kulturrat, fordern die Bundesregierung auf, hiesige Umwelt- und Kulturstandards nicht zugunsten einer ungezügelten Deregulierung des geplanten transatlantischen Freihandelsabkommens zu opfern. Umwelt und Kultur dürfen nicht hinter Handelsströmen und der Marktfreiheit von Unternehmen zurückstehen.
Durch die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen EU und USA werden wesentliche politische und kulturelle Werte Europas auf das Spiel gesetzt. Für amerikanische Konzerne gibt es bislang in Europa eine Vielzahl von Marktzugangsbarrieren. Diese sollen mit dem Abkommen fallen.
Das Vorsorgeprinzip in der Umwelt- und Verbraucherpolitik etwa verhindert bislang, dass genmanipulierte Lebensmittel, Hormonmilch, Klonfleisch oder Chlorhühnchen in Europa auf den Markt kommen. Die UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sichert beispielsweise Film-, Theater, Orchester- und weitere Kulturförderung sowie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit seinen Landesprogrammen vor dem unbegrenzten Zugriff amerikanischer Medienkonzerne.
Der Deutsche Naturschutzring und der Deutsche Kulturrat fordern:
Keine Abschwächung von Umwelt- und Verbraucherschutzstandards: Es darf keine gegenseitige Anerkennung von niedrigeren Umwelt- und Verbraucherschutzstandards geben. Wir brauchen eine klima- und ressourcenschonendere und gerechtere Wirtschaftsweise auf beiden Seiten des Atlantiks. Die niedrigsten Standards dürfen nicht zur Richtschnur werden. Verbote sind dafür genauso erforderlich wie Steuern und Zölle für besonders schädliche Verfahren. Das ist mit der TTIP-Freihandelslogik nicht zu vereinbaren.
Schutz und Förderung der Vielfalt kulturellen Ausdrucksformen statt fortschreitende Liberalisierung der Märkte. In Deutschland und in Europa insgesamt gibt es verschiedene Schutzmechanismen für die Kulturmärkte. Kulturgüter und -dienstleistungen sind keine normale Handelsware, sondern besondere Güter und Dienstleistungen. Sie sind einerseits Träger von Werten und andererseits Wirtschaftsgut.
Der Präsident des Deutsche Naturschutzrings, Prof. Dr. Hartmut Vogtmann, sagte: „Schon jetzt stecken wir in einer ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Krise. Es fehlt an ökologisch-sozialer Gerechtigkeit, an verstärkten Maßnahmen zum Schutz des Klimas, zum Schutz der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und zum nachhaltigen, am Gemeinwohl orientierten Wirtschaften. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Mindeststandards beim Gesundheits- und Verbraucherschutz in Europa unterlaufen werden. Vor allem aber darf die öffentliche Partizipation der Zivilgesellschaft nicht unterbunden, sondern muss zugelassen und gefördert werden.
Wir erwarten von der EU-Kommission, dass sie das 1992 in Rio postulierte Vorsorge- und Verursacherprinzip verteidigt und das Freihandelsabkommen einer umfassenden, unabhängigen Nachhaltigkeitsprüfung unterzieht. Das Freihandelsabkommen darf kein Trojanisches Pferd für die Verbraucher werden.“
Der Präsident des Deutschen Kulturrates, Christian Höppner, sagte: „Die Äußerungen des Kommissionspräsidenten Barroso und des Handelskommissars Karel De Gucht nach dem Verhandlungsbeginn zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA lassen befürchten, dass die EU-Kommission ihre Verpflichtung zur Einhaltung und Umsetzung der UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt, die sie durch die Ratifizierung eingegangen ist, nicht ernst nimmt.
Der in der Konvention niedergelegte Doppelcharakter von Kultur als Kultur- und Wirtschaftsgut ist völkerrechtlich verbindlich und kann somit nicht Verhandlungsgegenstand sein. Umwelt und Kultur gehören zur Daseinsvorsorge in unserer Gesellschaft. Ich fordere deshalb gemeinsam mit meinem Kollegen Hartmut Vogtmann Präsident Barroso auf, die Bereichsausnahme für Kultur und Medien bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen sicherzustellen und die Transparenz während der Verhandlungen durch eine zeitnahe Außenkommunikation zu gewährleisten.“
Quelle
Deutscher Kulturrat 2013