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Fukushima: Und täglich leckt der Wassertank

Fast täglich erreichen uns Meldungen von Störfällen in havarierten Atomkraftwerk Fukushima.

Das Wasser läuft aus falsch angeschlossenen Schläuchen, aus leckenden Tanks, aus dem Erdreich oder aus Auffangbecken. Verantwortlich sind regelmäßig das Fehlverhalten von Mitarbeitern, wucherndes Gras das Leitungen schädigt, nicht fachgerecht aufgestellte Tanks, Unachtsamkeiten bei der Ausführung von Arbeiten, ein hoher Grundwasserspiegel oder einfach nur der Regen.

Wahlweise folgen die Meldungen, es ist unwahrscheinlich dass das kontaminierte Wasser ins Meer gelangt ist, nur relativ ungefährliche Substanzen ausgetreten sind oder nur verhältnismäßig geringe Mengen ins Meer gelangt seien.

Alles in Allem scheint die Situation in Fukushima chaotisch und es scheint als hätten die täglich wiederkehrenden Störfälle keine weitergehenden Auswirkungen. Die WHO berichtete schon zu Beginn des Jahres dass es durch die Atomkatastrophe in Fukushima nicht zu einer signifikanten Steigerung von Krebsfällen kommen wird. Erhöhte Schilddrüsenkrebsfälle bei Kindern wurden von den japanischen Behörden mit den umfangreichen Vorsorgeuntersuchungen in der Region Fukushima begründet (sehen Sie hierzu auch den Blogeintrag vom 28.06.2013 „Der Tod des Helden“).

Ein Zusammenhang zwischen einer aufgetretenen Immunschwächekrankheit bei Seehunden und der ausgetretenen Strahlung in Fukushima ist nur eine Vermutung. Der britische Atommanager Adrian Simper verkündet kürzlich in einem Interview mit dem britischen Fernsehsender „Channel 4“ sogar, dass er nicht zögern würde mit seiner Familie nach Fukushima zu ziehen.

Sollte uns das jetzt beunruhigen?

Der Nuklear-Experte Mycle Schneider warnt in seinem jährlichen Bericht zum Status der Atomenergie eindringlich vor den weiteren Entwicklungen in Fukushima. Schneider bezeichnet in einem Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten die Lage in Fukushima sogar als katastrophal. Als problematisch sieht Schneider den Umstand, dass der Betreiber Tepco lange Zeit die Verantwortung am havarierten Atomkraftwerk inne hatte. Da Tepco ein Stromproduzent ist und keine Expertise für Aufräumarbeiten in einer hoch-kontaminierten Desasterzone hätte.

Fukushima hat nach seiner Auffassung ein enormes Gefahrenpotential und der Standort Fukushima verursacht eine Vielzahl von komplexen Herausforderungen. Das Gefahrenpotential bemisst sich am radioaktiven Inventar von Fukushima. Hier wurde bereits dreimal so viel radioaktives Material aus den Reaktoren gelöst wie in Tschernobyl.

Teilweise befindet sich die Radioaktivität noch im Wasser, das sich in Kellerräumen, Filtern und Schläuchen auf dem Reaktorgelände befindet. In den Reaktorgebäuden selbst befinden sich immer noch enorme Mengen an radioaktivem Material in Form von Brennelementen, die weiterhin gekühlt werden müssen. Allein im Reaktor 4, befindet sich das Mehrdutzendfache der in Tschernobyl freigesetzten Menge. Dieser Reaktor gilt als der gefährlichste, da große Mengen an Brennelementen in einem instabilen Abklingbecken lagern und das Gebäude des Reaktors sich zur Seite neigt. Deshalb sollen hier in kürze die Bergungsarbeiten beginnen.

Diese sind auf der einen Seite alternativlos, auf der anderen Seite mit einem kaum kalkulierbaren Risiko verbunden. Die materiellen Schäden, die durch den Supergau in Fukushima entstanden sind und noch entstehen werden, sind nach Ansicht von Schneider heute überhaupt nicht absehbar, er geht jedoch davon aus, dass die Höhe astronomisch sein wird.

Vor diesem Hintergrund ist die Nachricht, dass in der Grafschaft Somerset in Großbritannien der Bau eines 19 Milliarden Euro teuren Atomkraftwerks beschlossen wurde, geradezu grotesk. Denn dieses Atomkraftwerk ist nicht einmal wirtschaftlich. Der private Betreiber baut das Kraftwerk nur aufgrund der Zusage der Regierung den Strom zu einem festen Preis pro kWh abzunehmen und das für 35 Jahre!

Die Aussicht, dass wir in Europa noch sehr lange Atomkraftwerke haben werden ist bedrohlich. Vor allem wenn Mycle Schneider auf die Frage ob in Europa ähnliches passieren kann antwortet: „Ähnliches? Sehr unwahrscheinlich. Mit ähnlichen Auswirkungen? Selbstverständlich.“

Die Aussage der Atomkraftbefürworter, dass ein Supergau theoretisch nur alle 100.000 Jahre passiert, ist längst durch die Realität wiederlegt. Alle 23 Jahre scheint eine realistischere statistische Aussage zu sein.

Armin Hambrecht ergänzt dazu, „Allein in meiner kurzen Lebensspanne von 51 Jahren ereigneten sich 25 Unfälle der Stufe 4 und mehr nach der INES Skala für kerntechnischen Anlagen, davon 2 katastrophale Unfälle. Wir können uns sicher mehrere Supergaus auf diesem Planeten leisten, aber werden wir sie überleben?“

Wer beim Thema Atomkraft ein ungutes Gefühl hat, sollte das Thema Energiewende selbst in die Hand nehmen. Denn nur mit dem konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien können wir es schaffen, dass ein Atomkraftwerk in Somerset bei seiner Fertigstellung in 10 Jahren schon überflüssig sein wird.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie im SolarArt Blog

Quelle

SolarArt Kraftwerk 1  2013

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