Gemeinsam gegen Armut und Lebensmittelverschwendung
Bundesweit haben sich zahlreiche der mehr als 900 Tafeln am 7. Deutschen Tafeltag beteiligt.
Mit vielfältigen Aktionen wollen sie vor allem ein Zeichen setzen gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Zugleich wenden sich die Tafeln gegen die vermeidbare Verschwendung von Nahrungsmitteln und werben öffentlich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Lebensmitteln.
Zum ersten Mal treffen sich führende Vertreter der großen Wohlfahrtsverbände wie dem Paritätischen Gesamtverband, Diakonie, Caritas, AWO und DRK auf Einladung des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., um sich gemeinsam über Möglichkeiten und Grenzen ihrer Arbeit im Bereich Armutsprävention und Armutsbekämpfung zu verständigen.
„Wir brauchen einen konstruktiven Austausch darüber, wer mit welchen Mitteln die prekäre Situation von Millionen Menschen in unserem Land kurz- und vor allem langfristig verändern kann“, so Jochen Brühl, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V.
„Die Tafeln haben in den 20 Jahren ihres Bestehens eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Wir sind stolz darauf, eine von Bürgern initiierte und bis heute von bürgerschaftlichem Engagement getragene Bewegung zu sein. Die Tafeln stehen für ein Stück gelebte Zivilgesellschaft und sind eng vernetzt mit den Wohlfahrtsverbänden“, sagt Jochen Brühl.
Heute sind die mehr als 900 Tafeln oft die erste Anlaufstelle für Menschen in Not. Mit ihrer Hilfe gelingt es vor allem Trägern wie der Diakonie, Caritas, AWO oder dem DRK, Bedürftige auf weitergehende professionelle Hilfs- und Bildungsangebote aufmerksam zu machen. Tafel-Arbeit und Sozialarbeit gehe hier sinnvoll Hand in Hand, findet Jochen Brühl.
Die Leistungen gemeinnütziger Organisationen dürfe aber nicht über die langjährigen Fehlleistungen der Sozialpolitik hinwegtäuschen. „Ohne Armut in diesem beschämenden Ausmaß müsste es Tafeln gar nicht geben“, konstatiert Jochen Brühl.
Angesichts von mehr als 12 Millionen armen oder von Armut bedrohten Menschen fordert der Bundesverband Staat und Politik erneut zum Handeln auf.
„Der Staat ist ohne Wenn und Aber und mehr denn je in der Verantwortung für seine Bürger. Die Politik muss schnellstmöglich für eine armutsfeste Grundsicherung sorgen und allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen“, stellt Jochen Brühl klar.
Die Tafeln und ihre Trägerorganisationen seien nicht die Lückenbüßer für eine mangelhafte soziale Sicherung. Als ehrenamtliche Organisationen könnten Tafeln Armut zwar lindern und den Betroffenen den Alltag erleichtern. Die Ursachen von Armut bekämpfen oder gar verhindern könnten sie nicht. „Darin sind wir uns mit den Verbänden der Wohlfahrtspflege einig“, sagt Jochen Brühl.
Sozial Benachteiligte bräuchten unbürokratische Soforthilfe wie zum Beispiel die Tafeln sie durch die Verteilung von Lebensmittelspenden anbieten können. „Sie brauchen aber gleichzeitig viele und starke Fürsprecher für eine bessere Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Der Bundesverband wird diese Fürsprecher-Funktion weiterhin sehr energisch gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden wahrnehmen“, betont Jochen Brühl.
Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung
Seit 20 Jahren engagieren sich die Tafeln gegen Lebensmittelverschwendung. Heute ist es ein Thema, das in Politik und Öffentlichkeit breit verhandelt wird. „Als 1993 die erste Tafel in Berlin gegründet wurde, war bei meisten Händlern oder Herstellern das Bewusstsein dafür, was sie selbst dafür tun können, um überschüssigen Lebensmittel vor der Vernichtung zu bewahren, kaum ausgeprägt. Das ist heute anders. Fast alle großen Handelsketten und unzählige selbständige Kaufleute spenden Lebensmittel an die Tafeln vor Ort“, beschreibt der Verbandsvorsitzende die Entwicklung.
„Über dieses Vertrauen freuen wir uns sehr, denn ohne die Spenden der Hersteller und Händler wäre die gemeinnützige Arbeit Tafeln nicht möglich“, erklärt Jochen Brühl.
Für viele Handelsunternehmen sind die Tafeln inzwischen zu wichtigen Ansprechpartnern in Sachen Lebensmittelrettung und Nachhaltigkeit geworden.
5. Oktober 2013: Deutscher Tafeltag Der Deutsche Tafeltag findet jährlich am Samstag vor Erntedank statt. Viele der mehr als 900 Tafeln in Deutschland laden an diesem Aktionstag zu Veranstaltungen ein. Mit Tagen der offenen Tür, Diskussionsveranstaltungen, Langen Tafeln und anderen Aktionen wollen sie auf die prekären Lebensverhältnisse von Millionen Menschen aufmerksam machen, die arm oder von Armut bedroht sind.
Zugleich wollen die Tafeln die Aufmerksamkeit auf das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung in Deutschland richten. Bundesweit werden laut einer Studie der Universität Stuttgart jährlich 11 Mio. Tonnen Lebensmittel weggeworfen, 6,7 Mio. Tonnen davon in Privathaushalten. Der Wert der Nahrungsmittel, der davon noch verzehrfähig gewesen wäre, wird auf 22 Milliarden Euro geschätzt.
20 Jahre Tafeln in Deutschland:
1993 wurde in Berlin die erste Tafel gegründet. Die Idee: Einwandfreie, aber den Gesetzen der Marktlogik nach unverkäufliche Lebensmittel, werden von Freiwilligen eingesammelt und an bedürftige Menschen verteilt. Bis heute sind durch die Initiative von Bürgervereinen oder Wohlfahrtsverbänden bundesweit 914 Tafeln entstanden. Rund 60.000 Ehrenamtliche engagieren sich hier für etwa 1,5 Millionen bedürftige Menschen.
Zu den Tafel-Nutzern zählen neben Arbeitslosen auch immer mehr Geringverdiener sowie eine steigende Zahl von Rentnerinnen und Rentnern. Die Tafeln erreichen etwa 500.000 Kinder und Jugendliche sowie 260.000 Seniorinnen und Senioren.
Viele Tafeln bzw. deren Trägerorganisationen bieten unterschiedliche Formen der Hilfe an. Darunter sind Beratungsangebote zu sozialen und gesundheitlichen Themen, Beschäftigungsprogramme, Kochkurse, Nachhilfe u.v.a.m..
Die Arbeit der Tafeln wird grundsätzlich durch Spenden ermöglicht. Nach dem Motto „Jeder gibt, was er kann“ unterstützen sowohl Privatpersonen als auch kleine und große Unternehmen der verschiedensten Branchen die lokalen Tafeln und den Bundesverband Deutsche Tafel e.V.
Quelle
Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V. 2013