Groko will keine „Ausstiegsphilosophie“
Gemessen an den Sondierungen gibt es in den Groko-Verhandlungen bei Energie und Klimaschutz Licht und Schatten. Zum einen sollen die Klimaziele für 2030 offenbar gesetzlich verankert werden, zum anderen wollen Union und SPD die Luftverkehrssteuer abschaffen. Das Gesamtpaket wird von Experten und Verbänden teilweise scharf kritisiert. Von Jörg Staude und Sandra Kirchner
Einen Webfehler der deutschen Klimapolitik wollen Union und SPD für die kommende große Koalition offenbar beheben: Laut Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sollen künftig für die einzelnen Sektoren Energie, Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude jeweils gesetzlich verbindliche Ziele zur Minderung des CO2-Ausstoßes bis 2030 festgelegt werden. Das hätten Union und SPD am Samstag in den Koalitionsverhandlungen vereinbart.
Der bisherige Klimaschutzplan 2050 war nur vom Bundeskabinett beschlossen worden und hatte nie Gesetzeskraft erlangt. Das war ein Grund dafür, dass vor allem die Bereiche Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude keine oder nur viel zu geringe Beiträge zum nationalen Klimaziel leisteten.
Nach den Worten von Hendricks soll das entsprechende Sektoren-Gesetz in diesem Jahr vorbereitet und 2019 verabschiedet werden. Hendricks räumte erneut ein, dass die nationalen Klimaziele bis 2020 nicht erreicht werden. Man wolle aber die Lücke so klein wie möglich halten.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erklärte zu der Einigung, dass es wie vorgesehen eine Kommission für „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ in den Kohleregionen sowie einen entsprechenden Fonds für die Energiewirtschaft geben soll. Für den Strukturwandel sollten bis 2021 rund 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.
Laschet lehnt „Ausstiegsphilosophie“ rundweg ab
Laschet zufolge ist es das Ziel der Koalitionäre, die energieintensive Industrie im Land zu halten, aber auch an den Klimazielen für 2020, 2030 und 2050 „weiter zu arbeiten“. Kurzfristig solle, so Laschet, der Anteil der erneuerbaren Energie steigen, aber man werde keine „Ausstiegsphilosophie“ in den Mittelpunkt stellen, sondern einen realistischen Abbau der CO2-Emissionen bei der Energieerzeugung.
Zum Thema Diesel erklärte Laschet nur, es sei der Wille der Koalitionäre, Fahrverbote zu vermeiden, und es solle alles getan werden, um diese zu verhindern.
Übernommen ins Koalitionspapier wurden bei den Erneuerbaren offenbar das Ziel, bis 2030 einen 65-prozentigen Anteil des Ökostroms am Strommarkt zu erreichen.
Bei der Elektromobilität ist geplant, gewerblichen E-Fahrzeugen Steuervorteile zu verschaffen. Im Gespräch ist eine Sonderabschreibung von 50 Prozent im ersten Jahr bei Kauf eines Fahrzeugs. Erhöht werden soll die Kaufprämie für E-Taxis und leichte Nutzfahrzeuge.
Kemfert: Energiewende wird weiter vermurkst
Scharfe Kritik an den Plänen kommt von der Energieökonomin Claudia Kemfertvom DIW Berlin. „Die große Koalition scheint wieder dort anzufangen, wo sie aufgehört hat: die Energiewende zu vermurksen und die Klimaziele schleifen zu lassen“, betont Kemfert gegenüber klimaretter.info.
Hier können Sie den Hintergrund weiterlesen
Quelle
Der Hintergrund wurde von der Redaktion „KLIMARETTER.INFO“ (Von Jörg Staude und Sandra Kirchner) 2018 erfasst – das Nachrichten- und
Debattenmagazin zu Klima und Energiewende – der Artikel darf nicht ohne
Genehmigung von „Klimaretter.info“ (post@klimaretter.info)
weiterverbreitet werden!