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In die Fußstapfen des Solarpapstes

Interview mit Claudia Kemfert, Energieexpertin und Mitglied im Schattenkabinett von SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel in Hessen …

… wie sie im Falle eines Wahlsiegs Hessen zum Gewinner der Energiewende machen und an die Vision Hermann Scheers anknüpfen will.

Klimaretter.info: Frau Kemfert, Sie sind im Schattenkabinett von SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel in Hessen für den Bereich Wirtschaft und Umwelt verantwortlich. Sind Sie bereit für den Sprung aus dem geschützten Bereich der Wissenschaft in die Politik, wo mit harten Bandagen gekämpft wird?

Claudia Kemfert: Im Schattenkabinett von Thorsten Schäfer-Gümbel bin ich für die Energiewende zuständig. Im Falle eines Wahlsiegs würde ich direkt beim Ministerpräsidenten die Energiewende zentral koordinieren. Umwelt- und Wirtschaftsministerium haben ja qua Amt unterschiedliche Positionen zur Umsetzung der Energiewende. Daher ist es wichtig, dass diese zentral gesteuert wird. Sicherlich wird mit harten Bandagen gekämpft, das ist wenig überraschend, denn es geht ja um eine wichtige Sache, bei der die Interessen vieler Bürger und auch Unternehmen betroffen sind. Es geht um eine zielführende Umsetzung der Energiewende.

Was reizt Sie an dem Wechsel?

Ich beschäftige mich als Forscherin seit langem mit dem Thema Energiewende, seit neun Jahren bin ich durch die Tätigkeit am DIW in der Politikberatung tätig. Als Thorsten Schäfer-Gümbel mich fragte, ob ich in seinem Team mitwirken will, habe ich gern zugesagt. Es ist eine hervorragende Gelegenheit, die Energiewende in einem wichtigen Bundesland umzusetzen. Hessen hat großen Nachholbedarf.

Laut aktuellen Umfragen ist ein Regierungswechsel durchaus möglich. Aber hätten Sie überhaupt Gestaltungsmacht als Beauftragte des Ministerpräsidenten für die Energiewende, wenn die Grünen das Umwelt- und Wirtschaftsministerium einfordern?

Sollte Thorsten Schäfer-Gümbel Ministerpräsident werden, wird er sich dafür einsetzen, dass die Energiewende zentral beim Ministerpräsidenten koordiniert wird. Welche Ressorts von welchen Personen und Parteien besetzt werden, entscheidet sich nach der Wahl und in den Koalitionsgesprächen.

Sie waren auch im Schattenkabinett von Norbert Röttgen (CDU) in Nordrhein-Westfalen. Nun im Schattenkabinett eines Sozialdemokraten. „Flexibel ist der schönste Euphemismus des Tages für eine Frau, die innerhalb eines Jahres für jede Richtung Wahlkampf macht“, warf Ihnen Nordrhein-Westfalens CDU-Chef Armin Laschet vor. Was entgegnen Sie?

Als parteilose Wissenschaftlerin engagiere ich mich gern für Teams, die die Energiewende konsequent umsetzen wollen. Norbert Röttgen hat das in Nordrhein-Westfalen vorgehabt genauso wie Thorsten Schäfer-Gümbel nun in Hessen. Beide Bundesländer sind sich darin ähnlich, dass sie einen erheblichen Aufholprozess beim Ausbau der erneuerbaren Energien vor sich haben. Beide Bundesländer sind im Vergleich zu anderen Bundesländern auf den hinteren Plätzen zu finden. Es gibt erhebliche Ausbaupotenziale bei der Wind-, aber auch Solar- und Bioenergie. Ich unterstütze gern solche Programme und setze mich für die Energiewende ein.

Stichwort Expertenregierung: Sollten in Regierungen der Länder und des Bundes mehr Wissenschaftler vertreten sein statt Politikern, die sich oft ganz neu in Themen einarbeiten und der Parteilinie folgen müssen?

In einer Demokratie sollten alle Berufsgruppen vertreten sein, so auch Wissenschaftler. Es gab und gibt ja einige Wissenschaftler, die in der Politik tätig waren oder sind. Denken Sie an Ursula Lehr, die sich als renommierte Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Erforschung und Gestaltung des Alterns erfolgreich zu diesen Themen als Bundesministerin eingesetzt hat. Jutta Limbach oder Rita Süssmuth sind ebenfalls zu nennen. Auch heute sind Wissenschaftlerinnen in der Politik aktiv: Johanna Wanka als Wissenschaftsministerin im Bund und Sabine Kunst in Brandenburg. Unsere Gesellschaft kann durchaus davon profitieren, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse in die praktische Politik einfließen.

Vor vier Jahren war im Schattenkabinett der SPD Hermann Scheer für den Umweltposten gesetzt. Trauen Sie sich zu, in seine Fußstapfen zu treten?

Hermann Scheer war ein herausragender Pionier der nachhaltigen Energieversorgung, er hat sich unerbittlich und entschieden für die Energiewende eingesetzt. Ohne ihn hätten wir eine derartige Energiewende, wie wir sie heute in Deutschland erleben, wohl eher nicht. Ich teile viele seiner Positionen, insbesondere ist die dezentrale Energieversorgung elementar für die Energiewende. Was nicht bedeutet, dass wir auf Großprojekte wie Offshore-Windenergie völlig verzichten sollten. Man braucht beides.

Scheer forderte als einer der ersten in Deutschland den Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare. Diese Vision wollte er als Minister in Hessen umsetzen. Was ist Ihre Vision für Hessen?

Das Energiekonzept der Hessen SPD sieht ebenso vor, eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2050 zu erreichen. Wichtig ist neben dem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien auch das Energiesparen. Hessen ist ein industrie- und verkehrsreiches Land und hat damit erhebliche Potenziale für eine nachhaltige Energieversorgung und Mobilität.

Hier können Sie das Interview weiterlesen

Quelle

KLIMARETTER.INFO | Benjamin von Brackel 2013

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