Japan kehrt gegen den Willen der Bevölkerung zur Atomkraft zurück
Atomreaktor in Sendai wird heute wieder hochgefahren.
Aufgrund eklatanter Sicherheitsmängel und dem großen Druck der Bevölkerung hatte man nach der atomaren Katastrophe von Fukushima alle 48 Atomreaktoren des Landes vorläufig abgeschaltet und in den letzten zwei Jahren Sicherheitsprüfungen unterzogen. Nun sollen die ersten Reaktoren wieder hochgefahren werden. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist allerdings weiterhin gegen eine Rückkehr zur gefährlichen Atomkraft, das zeigen immer wieder repräsentative Umfragen.
Auch im südjapanischen Sendai, wo heute der erste Atomreaktor wieder hochgefahren werden soll, gab es bis zuletzt erbitterten Widerstand von Seiten der Bevölkerung, die sich um die anhaltende Erdbebengefahr in der Region sorgt und die verschärften Sicherheitsmaßnahmen der Kontrollbehörden für unzureichend hält. Zu oft hatte es in der Vergangenheit bereits ähnliche Sicherheitsversprechungen der japanischen Atomindustrie gegeben, die immer wieder gebrochen wurden. Anlagentechnische Probleme und Sicherheitslücken sind bei allen AKW-Modellen bekannt und werden immer wieder von der Industrie ignoriert und heruntergespielt. So kam selbst der Untersuchungsauschuss des japanischen Parlaments zu dem Schluss, dass es sich bei dem größten Atomunglück in der Geschichte des Landes um eine von Menschenhand gemachte Katastrophe handelte: Jahrzehntelange Untätigkeit der Kontrollgremien, gewissenlosen Wegsehen der verantwortlichen Politiker, Korruption auf allen Ebenen und eine ungesunde Kollusion von Betreiberfirmen, Aufsichtsbehörden und Politikern hatte die Bedingungen erst geschaffen, die zum massiven Austritt von Radioaktivität, der Verseuchung großer Landstriche, der Zwangsevakuierung von mehr als 200.000 Menschen und der Verstrahlung Hunderttausender weiterer Anwohner der Region geführt hatten.
70 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki gedenkt die Ärzteorganisation IPPNW der Opfer der Nuklearen Kette in aller Welt. Wie konnte ein Land, das die zerstörerische Kraft des Atoms auf so brutale Weise vor Augen geführt bekam, sich so blind auf die gefährliche Atomenergie einlassen?
- SR 2 – Neustart in Fukushima: “Tragische Entwicklung zurück“ Audio | 11.08.2015 | Dauer: 00:08:26 | SR 2 – Holger Büchner
Im März 2011 zerstörten die Folgen eines Tsunami in Japan das küstennahe Kernkraftwerk von Fukushima. Trotz massiver Proteste der Bevölkerung ist jetzt, knapp viereinhalb Jahre später, der erste Atomreaktor vor Ort wieder hochgefahren worden. Für den Mediziner und Atomkraftgegner Dr. Alex Rosen von der Organisation „Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs“ die falsche Entscheidung. Ein Interview.