Kohleausstieg – Bewertung des Vorschlags von Agora Energiewende
Der Ausstieg aus der Kohleenergie ist unausweichlich, lediglich die Frage nach dem „Wie?“ ist noch nicht geklärt.
Der Think Tank Agora Energiewende stellte Anfang dieser Woche in seinem Konzept zur schrittweisen Dekarbonisierung des deutschen Stromsektors ein Konsensverfahren zum Kohleausstieg vor. Es ist richtig, dass der Konsens mit den Betreibern gesucht wird. Ein gesetzlicher Zwang zum Ausstieg würde nur zu entsprechenden Gegenreaktionen führen.
Die Zielvorgaben von Agora bedürfen aber zwingend einer Überarbeitung. Ein Kohleausstieg bis 2040 kommt zu spät. Der Klimaschutz verlangt ein schnelleres Ende der Kohlewirtschaft. Erneuerbare Energien können und müssen schon früher Ersatz für die fossilen Brennstoffe sein, um selbst das schwache in Paris aufgestellte Klimaziel von 2°C zu erreichen.
Die Restlaufzeit sollte für die Betreiber der Kohlekraftwerke lediglich eine Erlaubnis darstellen und darf auf keinen Fall mit einer ökonomischen Unterstützung, z.B. Subventionen verbunden sein. Die immer günstiger werdenden Erneuerbaren Energien dürfen nicht von subventionierter Kohleenergie gebremst werden. Eine Betriebsbeihilfe kann aus diesem Grund nicht Teil des Konsensausstieges sein. Des Weiteren sollte endlich eine Umlegung externer Schadenskosten festgeschrieben werden. Die Kosten, z.B. für Gesundheitsschäden, die durch den Betrieb der Kohlekraftwerke und ihre giftigen Emissionen hervorgerufen werden, müssen endlich durch die Unternehmen getragen werden. Außerdem sollten keine übertragbaren Restlaufzeiten vereinbart werden, weil ansonsten der Kohleausstieg noch weit über 2040 hinausgezögert werden könnte.
Weltweit befindet sich die Kohlewirtschaft sowieso im Niedergang. Zwei Drittel aller Kohleminenbetreiber schreiben aktuell tiefrote Zahlen. Der sinkende Kohlepreis macht Investitionen in neue Projekte immer unrentabler und gefährdet sogar bestehende Kohleminen. Investitionen in fossile Technologien sind daher ein ökonomisches Auslaufmodell.
Es ist also richtig, jetzt den Ausstieg aus der Kohlewirtschaft zu wagen und diesen Schritt im Konsens mit der Industrie und den Gewerkschaften zu gehen. Nur so kann ein staatlich gestützter Strukturwandel in den Regionen gesichert werden. Insbesondere die Gewerkschaft IGBCE ist gut beraten, den Kohleausstieg mit einem gut unterlegten Programm zum Strukturwandel zu unterstützen. Auch ohne derartige Programme würden Insolvenzen einfach die Jobs der Kohlekumpel vernichten, und die Gewerkschaften wären selbst mitverantwortlich, dass es dann keine alternativen Arbeitsplätze gibt.
Quelle
Hans-Josef Fell 2016 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG