Nicht in der Spur
Die Groko-Sondierer haben die geplante Absage an das Klimaziel für 2020 aus ihrem Ergebnispapier herausgestrichen – und sich damit die größte Peinlichkeit erspart. Für die großen Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Verkehrs- und Agrarwende haben Union und SPD jedoch keine Antworten gefunden. Vier weitere Jahre Fake-Klimapolitik drohen. Ein Kommentar von Joachim Wille
Um die „großen Brocken“ ging es am Ende. Eine Marathonsitzung von 24 Stunden brauchten die Groko-Sondierer, um Themen wie Rentenhöhe, Finanzierung der Krankenversicherung oder Familiennachzug zu lösen. Der Klimaschutz sowie die Energie-, Verkehrs- und Landwirtschaftspolitik gehörten nicht zu diesen „Brocken“.
Die hatten die zuständigen Fachgruppen ohne großen Streit gleich zu Anfang der Sondierungen abgeräumt. Das spricht schon Bände.
Umso schlimmer: Auch die Ergebnisse zeigen, dass auch eine Groko 3 dem Top-Zukunftsthema nicht die Priorität geben würde, die ihm eigentlich zukommt. Ohne Konkretisierungen in den – nun wahrscheinlichen – Koalitionsverhandlungen droht eine Fortsetzung der Fake-Klimapolitik, die Deutschland in den zwölf Jahren der Regierungen unter Kanzlerin Merkel erlebt hat.
Wohin die Merkel-Mixtur aus hehren Klima-Ankündigungen und mangelnder Umsetzung führt, hat die Sondierer-Fachgruppe gleich am ersten Tag der Verhandlungen in dieser Woche nüchtern dokumentiert: Das nationale CO2-Ziel für 2020 – beschlossen von der Groko 1 anno 2007 – „wird aus heutiger Sicht nicht erreicht werden“.
Dieses Eingeständnis war Merkel und Co denn doch zu peinlich. In der Schlussfassung der Sondierungsergebnisse wurde dieser Satz gestrichen. Nun heißt es, es gebe eine „Handlungslücke“, die „so schnell wie möglich geschlossen werden soll“.
Das liest sich viel besser. Nur leider, die Ansagen der Sondierer zu Energie, Verkehr und Landwirtschaft lassen nicht erkennen, dass das wirklich schnell passieren wird.
Der Hauptknackpunkt: Die Union und SPD lassen den Kohleausstieg im Vagen. Anders als bei den Jamaika-Vorgesprächen gibt es hier bisher keine Absichtserklärung für die Stilllegung von Kraftwerken bis 2020, die alleine das „kurzfristige Ziel“ noch in Reichweite kommen ließe. Auf Druck der Grünen sollten immerhin Kraftwerke mit 7.000 Megawatt Leistung vom Netz gehen.
Nun droht das Thema komplett in eine Kommission verlagert zu werden, die erst Ende des Jahres Ergebnisse liefern soll. Dabei ist es der Job der Politik, Vorgaben zu machen, um die Klimaziele einhalten zu können.
Besser sieht es bei den Öko-Energien, zumindest im Stromsektor, aus. Hier sollen in den nächsten zwei Jahren zusätzliche Kapazitäten für Windkraft- und Solaranlagen ausgeschrieben werden, und auch das neue Ziel von 65 Prozent Grünstrom bis 2030 kann sich sehen lassen.
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- KLIMARETTER.INFO: Groko bessert nach – ein bisschen | Nach der heftigen Kritik am Fallenlassen des Klimaziels für 2020 haben CDU, CSU und SPD im Ergebnispapier der Sondierungsgespräche nachgebessert. Trotz einiger Fortschritte für die Energiewende und die Klimapolitik bleiben die Sondierer vage. Eine Analyse von Verena Kern und Sandra Kirchner
Quelle
Der Kommentar wurde von der Redaktion „KLIMARETTER.INFO“ (Von Joachim Wille) 2018 verfasst – das Nachrichten- und Debattenmagazin zu Klima und Energiewende – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von „Klimaretter.info“ (post@klimaretter.info) weiterverbreitet werden!