Studie belegt erfolgreiches „Comeback“ gefährdeter Tierarten in Europa
Mehr Biber, Kraniche und Seeadler in Deutschland – EU-Naturschutz trägt Früchte.
Trotz des voranschreitenden Artensterbens gibt es Hoffnung: In den vergangenen fünfzig Jahren haben sich die Bestände vieler, in Europa fast ausgerotteter Tierarten, dank intensiver Naturschutzbemühungen deutlich erholt. In einer bisher einmaligen Zusammenstellung zeigt dies eine Studie des NABU-Dachverbands BirdLife International, der London Zoological Society sowie des European Bird Census Council.
In der Studie wird die eindrucksvolle Rückkehr von fast 40 Säugetier- und Vogelarten untersucht. Für Deutschland wurden gute Ergebnisse für Biber, Kranich und Seeadler erzielt. Auch Schwarzstorch, Uhu und Wanderfalke haben von europäischen Naturschutzbemühungen erheblich profitiert. Weiterhin Handlungsbedarf sieht der NABU jedoch unter anderem bei Wiesenvögeln.
Als Gründe für diese zum Teil spektakulären „Comebacks“ der untersuchten Arten machen die Autoren der Studie in erster Linie den gesetzlichen Schutz der Arten vor Verfolgung, aktive Artenschutzmaßnahmen und die Unterschutzstellung der wichtigsten, von diesen Arten besiedelten Gebiete, aus. Vor allem die ab 1979 erlassenen Naturschutzrichtlinien der EU, mit denen sich die Mitgliedstaaten auf Mindeststandards zum Schutz bedrohter Arten und ihrer Lebensräume verpflichtet haben, zeigen Wirkung.
NABU-Präsident Olaf Tschimpke: „Es gibt wieder mehr Biber, Kraniche und Seeadler, die Bestände konnten sich erholen. Die Ergebnisse der Studie sind ein klares Signal, insbesondere die Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien zu verstärken. Dann können wir auch andere bedrohte Arten retten.“ Vor allem die nach den EU-Richtlinien ausgewiesenen Natura-2000-Schutzgebiete, die in Deutschland 15 Prozent der Landesfläche ausmachten, müssten besser gemanagt und ausreichend finanziert werden.
In Deutschland stand der Biber (Castor fiber) Mitte des vorigen Jahrhunderts mit wenigen Dutzend Exemplaren an der mittleren Elbe kurz vor dem Aussterben. „Heute wird der deutsche Bestand auf über 25.000 Tiere geschätzt, Ostdeutschland und Bayern sind inzwischen flächendeckend besiedelt. Die Einrichtung von Schutzgebieten, gesetzlicher Schutz und Wiederansiedlungsprogramme haben diesen Erfolg möglich gemacht“, so Tschimpke.
Die Studie, in die Untersuchungen des NABU und des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (DDA) eingeflossen sind, belegt gute Erfolge auch beim Vogelschutz in Deutschland. So war das deutsche Wappentier, der Seeadler (Haliaeetus albicilla), um 1900 fast ausgestorben.
„Nur etwa 30 Paare gab es noch im Nordosten des Landes. Bis 1990 hatte sich der Bestand langsam auf etwa 140 Paare erholt. Dank effektivem Schutz von Nestern und Brutgebieten und dem Verbot bestimmter Umweltgifte setzte seitdem ein beeindruckender Aufschwung ein. Heute gibt es etwa 650 Paare, die inzwischen sogar Süddeutschland besiedeln“, betont NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann.
Durch die Unterschutzstellung wichtiger Brut- und Rastplätze im EU-Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 hätten sich auch die Bestände des Kranichs (Grus grus) in Deutschland deutlich erholen können.
„Brüteten in Deutschland noch 1991 nur knapp 1.500 Paare, so waren es 2011 bereits über 7.800 Paare. Parallel nahm die Zahl der in Deutschland auf dem Zug rastenden Kraniche von 40.000 in den 1970er Jahren auf heute 300.000 Vögel zu“, so Lachmann.
Beindruckende Bestandszunahmen zeigten auch die noch in den 1970er Jahren hochbedrohten Arten Schwarzstorch (Zunahme von 50 Paaren 1985 bis 800 Paare heute), Uhu (500 Paare 1990 bis 1500 heute) und Wanderfalke (50 Paare um 1970, heute über 1000 Paare).
Die Studie weist jedoch auch darauf hin, dass viele dieser Arten noch längst nicht auf einem sicheren Niveau sind, sondern sich weiter erholen müssen. Gleichzeitig nehmen weit mehr Arten weiterhin dramatisch ab, die nicht von gezielten Schutzmaßnahmen profitieren, vor allem die Vögel der Agrarlandschaft.
Der NABU fordert von EU, Bund und Ländern daher eine Umsetzungsoffensive beim bestehenden Naturschutzrecht, zum Beispiel bei der besseren Überwachung von Schutzbestimmungen: „Solange die deutschen Behörden bei der Zerstörung von artenreichem Grünland in Schutzgebieten alle Augen zudrücken, ist ein Comeback unserer Wiesenvögel in weiter Ferne“, so NABU-Präsident Tschimpke.
Darüber hinaus sei dringend eine Neuausrichtung der intensiven Land- und Forstwirtschaft erforderlich, um das politisch vereinbarte Ziel zu erreichen, den Verlust an biologischer Vielfalt bis 2020 zu stoppen, so Tschimpke weiter.
Quelle
NABU 2013