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Video-Tipp Monitor: Das große Geschäft der Stromkonzerne

Ein Milliardengeschäft, bezahlt mit unseren Stromrechnungen, subventioniert mit unseren Steuern.

Atomstrom in Deutschland. Jahrzehntelang gab es kaum ein besseres Geschäft. Mehr Nähe zur Politik auch nicht. Atomlobby und Kanzlerin – gute Zusammenarbeit garantiert – trotz Atomausstieg. Die vier Energiekonzerne RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall machten enorme Gewinne mit Strom aus Atom – mit freundlicher Unterstützung des Staates. Über Subventionen und konzernfreundliche Regelungen pumpte er geschätzte 210 Milliarden Euro in die Großunternehmen. Ein Riesendeal für die Atomwirtschaft. Bei dem sie am Ende zumindest für eines garantieren sollte: Die Kosten für den Rückbau der Kraftwerke und die bislang völlig ungeklärte Endlagerung zu tragen.

Ganz im Sinne der Kanzlerin, denn wie sagte sie noch vor Kurzem zur Atomkraft? Zitat: „Risiken auf Staat und Steuerzahler abzuwälzen, lehne ich ab.“

Schöne Worte. Und jetzt ein bisschen Realität. Für Rückbau und Endlagerung haben die Konzerne Rückstellungen gebildet. 35,8 Milliarden Euro. Eine Belastung für die Energieversorger? Wohl kaum. Sie legten das steuerfreie Geld nämlich nicht krisensicher auf die Seite, sondern spekulierten damit und bauten ihre Unternehmen aus. Die Bilanzexpertin Bettina Meyer errechnet für MONITOR, was das den Konzernen brachte.

Bettina Meyer, Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft

„Dadurch, dass die Energieversorger die Rückstellungen einsetzen konnten für ihre Investitionen und Unternehmenskäufe, haben sie einen wirtschaftlichen Vorteil von ja, über 70 Milliarden Euro erzielen können. Und das ist ja schon mal das Doppelte von dem, was die Rückstellungen wert sind.“

Über 70 Milliarden Euro brachten den Konzernen die Spekulationen mit den Rückstellungen zusätzlich ein. Eine Summe, die zeigt, die Rückstellungen waren vor allem eines – ein gutes Geschäft. Aber gut, irgendwann müssen Rückbau und Endlagerung ja wirklich von den Energiekonzernen bezahlt werden. Oder doch nicht? Können sie sich doch noch aus der Verantwortung ziehen? Wir recherchieren. Auffällig die Unternehmenskonstruktionen. Die Konzerne haben manche ihrer Kernkraftwerke ausgelagert – als Tochtergesellschaften. Ganz korrekt heißt das bei den Atomkraftwerken: Betreibergesellschaft. Und die sind dann später auch für den Rückbau verantwortlich.

Prof. Wolfgang Irrek, Hochschule Ruhr West

„Wenn die Kernkraftwerke im Rückbau sind, machen diese Gesellschaften aber keine Gewinne mehr. Wenn dann am Ende plötzlich die Rückbau- und Entsorgungskosten höher sind als ursprünglich geschätzt, dann droht, dass am Ende der Staat diese Kosten bezahlen muss, sprich der Steuerzahler für die Entsorgung aufkommen muss.“

Rückbau und Endlagerung können noch bis ins Jahr 2100 dauern. Die Kosten dafür genau abzuschätzen, ist kaum möglich. Aber ein Blick auf Atomprojekte, die jetzt schon abgewickelt werden zeigt: Die Kosten explodieren jedes Mal. Beispiel Jülich – der Versuchsreaktor hier wurde vor Jahren abgeschaltet, schon jetzt gibt es Mehrkosten von 166 Millionen Euro. Beispiel Karlsruhe – ebenfalls ein stillgelegter Versuchsreaktor, schon jetzt 130 Millionen Euro Mehrkosten. Beispiel Greifswald – stillgelegtes Kernkraftwerk, Mehrkosten gegenüber der Planung: 900 Millionen Euro. Steigerungen bis zu 50 Prozent. Und wahrscheinlich wird es noch teurer. Wenn aber die Kosten für den Rückbau der Kraftwerke steigen und die Betreibergesellschaft insolvent geht? Wer schützt dann davor, dass der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird?

Endlich antwortet uns das Bundeswirtschaftsministerium. Alles nicht so wild, teilt man uns mit. Es schützten so genannte Gewinnabführungs- oder Beherrschungsverträge. Diese bestehen zwischen den Tochter- und Muttergesellschaften. Bei Zahlungsunfähigkeit muss der Mutterkonzern für die Tochter haften. So weit, so gut. Nur, bei der Recherche der Vertragskonstruktion stellen wir Erstaunliches fest. Die Verpflichtung, diese Verträge fortzuführen läuft 2022 aus. Können sich die Konzerne damit doch noch aus ihrer Pflicht stehlen, und wer zahlt dann?

Sylvia Kotting-Uhl (B‘90/Grüne), atompolitische Sprecherin

„Es ist natürlich ein absolutes Unding, dass die Atomkraftwerke viel Gewinn eingebracht haben, die Konzerne das gerne genommen haben über die ganzen Jahrzehnte. Aber immer, wenn diese Atomkraftwerke Kosten verursachen, am Anfang ihrer Geschichte und am Ende ihrer Geschichte, dann wird es in die öffentliche Hand gedrückt und das ist ein absoluter Skandal.“

Milliardensubventionen für die Konzerne und am Ende droht der Steuerzahler doch für die Entsorgung zahlen zu müssen. Und das alles ist übrigens völlig im Rahmen der Gesetze, die die Politik vorgibt. Wie sagte es Angela Merkel noch? Risiken auf den Steuerzahler abzuwälzen, lehne ich ab. Schön wär’s.

Quelle

WDR 2014

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