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Bloomberg New Energy Outlook: Drei Wege zur globalen Klimaneutralität

Ohne Zwischenziele und entschlossenes Handeln wird die Weltgemeinschaft die Erderwärmung nicht aufhalten können. Diese Realität wählen Bloomberg-Analysten in ihrem Energy Outlook als Startpunkt und zeigen drei Wege zur globalen Netto-Null 2050.

Zum anstehenden Klimagipfel in Glasgow hat der Informationsdienst Bloomberg drei Szenarien beschrieben, wie die Weltgemeinschaft ihre Energiesysteme klimaneutral umbauen könnte. Jedes Szenario geht von einem starken Zubau Erneuerbarer Energien aus. In zwei Szenarien wird die umweltfreundliche Energiegewinnung kombiniert mit anderen – umstrittenen – Technologien: dem Ausbau der Kernenergie einerseits und der weiteren Nutzung fossiler Energien andererseits. Die skizzierten Wege haben eine Gemeinsamkeit: Sie machen deutlich, wie entscheidend die Jahre bis 2030 sind.

Die Analysten von Bloomberg erwarten in der Welt von morgen eine weitreichende Elektrifizierung, mehr Erneuerbare Energien in Kombination mit Speichern, Bioenergie, Recycling, Effizienzsteigerung und Kohlenstoffabbau. Sie verweisen darauf, dass bereits 2028 die noch verbleibenden Kohlenstoffbudgets aufgebraucht sein werden – das 1,5-Grad-Ziel ist dann nicht mehr realistisch zu erreichen. Deshalb müsse die Dekarbonisierung sofort und konkret beschleunigt werden.

In ihrem grünen Szenario beschreiben sie Ausbaumengen, Tempo und andere Effekte, wenn der Netto-Null-Pfad konsequent mit sauberer Energie und grünem Wasserstoff beschritten wird.

Ein zweites Szenario – das graue Szenario – bildet einen Netto-Null-Pfad ab, bei dem weiterhin in reduziertem Umfang fossile Energien genutzt werden, jedoch verbunden mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Beispielsweise wird Wasserstoff in diesem Szenario nicht ausschließlich durch Erneuerbare Energien gewonnen, sondern auch mit Erdgas.

Das rote Szenario ergänzt die Erneuerbaren um die Atomkraft. Um das 19-fache der gegenwärtigen Kapazitäten steigt in dieser Variante der weltweite Ausbau der Kernenergie. Genutzt wird der dort erzeugte Strom je zur Hälfte im Endenergieverbrauch und zur Herstellung von Wasserstoff.

Steigende Gasnutzung bis 2030 – danach abnehmend

Die Jahre zwischen jetzt und 2030 sind entscheidend für den Wettlauf zum Netto-Nullverbrauch. Dennoch geht es nach Ansicht der Bloomberg-Analysten zunächst nicht ohne Gas. In allen Szenarien für die nächsten Jahre bis 2030 steigt die Gasnutzung, um den Ausbau der Erneuerbaren zu unterstützen und die Kohleverstromung zu ersetzen. Dieser Gasboom ist jedoch nur von kurzer Dauer und wird durch Wasserstoff und kleine modulare Kernreaktoren sowie durch Kohle- und Gaskraftwerke in Kombination mit CCS abgelöst, sobald diese in den 2030er Jahren verfügbar sind.

Zubaumengen und Investitionen für Windkraft, PV und Speicher

Mehr als drei Vierteil der Minderungen müssen vom Energiesektor gestemmt werden, Wind- und Solarenergie schnell in bisher nie gekanntem Maßstab ausgebaut werden. In Zahlen bedeutet das im grünen Szenario einen Zubau von 505 Gigawatt Windkraftleistung, 455 Gigawatt Photovoltaik und 245 Gigawatt Batteriespeicherleistung – und das jährlich bis 2030, ein Vielfaches der im letzten Jahr neu gebauten Kapazitäten.

Dafür sind Investitionen nötig. Relativ stabil wurden in der Vergangenheit jährlich rund 300 Milliarden US-Dollar in Wind- und Solarkraftwerke investiert. Je nach Szenario müsste dieser Wert auf 763 Milliarden bis 1,8 Billionen Dollar pro Jahr ansteigen.

14 Prozent Minderung können bis 2030 geschafft werden, wenn im Verkehr, in Gebäuden und in der Industrie fossile Energieträger durch erneuerbaren Strom ersetzt werden.

Auf das verstärkte Recycling von Stahl, Aluminium und Kunststoffen könnten zwei Prozent Minderung entfallen, auf die Nutzung von Bioenergie für nachhaltigen Flugkraftstoff und die Schifffahrt weitere zwei. Für die Industrie bedeutet das, die Verwendung von recyceltem Aluminium um 67 Prozent gegenüber 2019 zu steigern, die von recyceltem Stahl um 44 Prozent. Bei Kunststoffen müsste die Recyclingrate sogar um 149 Prozent steigen.

Um im Verkehrsbereich auf Kurs zu kommen, müssten unter anderem jährlich 35 Millionen Elektrofahrzeuge neu auf die Straße kommen, der Sektor insgesamt elf Prozent weniger Emissionen ausstoßen als 2019.

Der Energy Outlook macht deutlich, dass den Erneuerbaren Energien sehr schnell eine noch viel größere Rolle bei der Energieversorgung zukommt. Selbst wenn einige Volkswirtschaften sich für Atomkraft oder fossile Energien mit Kohlenstoffabscheidung entscheiden, werden doch weltweit die meisten Kapazitäten in den Erneuerbaren Energien entstehen.

Auch wenn die skizzierten Wege Vereinfachungen und Unsicherheiten enthalten, zeigen sie überzeugend auf, dass Klimaneutralität im globalen Maßstab erreichbar ist.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (pf) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 30 / 2021 | „Power for Future – Die Zukunft der Energieerzeugung“ |  Jetzt lesen | Download

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