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Putin, Xi und das Mullah-Regime überschatten andere Gräueltaten

Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea, Kuba weitgehend vom internationalen Radar verschwunden.

Kein gutes Jahr: Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, das brutale Vorgehen gegen die Demokratiebewegung im Iran, extreme Einschränkungen der Freiheitsrechte durch die Null-Covid-Politik der Volksrepublik China, willkürliche Verhaftungen von Bürgerrechtlern auf Kuba, Ausbeutung der Bevölkerung in Nordkorea, Blasphemie-Klagen gegen Christen – die Liste der Menschenrechtsverletzungen ist in diesem Jahr lang, so die Bilanz der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Anlässlich des Tages der Menschenrechte am 10. Dezember betont die in Frankfurt ansässige Organisation, dass sich Staaten, die Menschenrechte verletzen, gegenseitig schützen und fordert die UN auf, solche Länder aus Ausschüssen und Gremien auszuschließen, die diese Vergehen verurteilen sollen.

„2022 war ein sehr schlechtes Jahr für die Menschenrechte. Putin hat durch seinen völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf sich gezogen und andere Menschenrechtsverletzer sind vom internationalen Radar verschwunden. So konnten Länder wie Kuba oder Nordkorea weitgehend ungehindert Minderheiten, Kritiker und Bürgerrechtler verfolgen, verhaften und ermorden. Am 10. Dezember denken wir auch an jene Menschen, die die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten nicht hinnehmen wollten und sich in diesem Jahr mutig gegen die Regime aufgelehnt haben – wie zum Beispiel die Frauen und Männer bei der Revolution im Iran“, erklärt Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM.

Es gibt auch positive Zeichen aus der Politik: Die für Januar 2023 angekündigte Anerkennung des Völkermords an den Jesiden ist ein wichtiges Zeichen, so die IGFM. Ebenso positiv ist, dass Deutschland und andere Demokratien im UN-Menschenrechtsrat bei der Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen Fortschritte machen konnten. Wichtig wäre auch, dass Bundespräsident Frank Walter Steinmeier seine bisherige Zurückhaltung mit Äußerungen zum Tag der Menschenrechte aufgibt. „Deutschland muss sich eindeutig auf der Seite der Opfer positionieren. Gerade die 2022 alarmierende menschenrechtliche Weltlage ruft nach deutlichen Signalen von Bundespräsident Steinmeier, der als ehemaliger Außenminister den negativen Wandel bestens einschätzen kann und die richtigen Worte zu wählen weiß“, so IGFM-Vorstandssprecher Lessenthin.

© igfm.de | Die Regierungen der Islamischen Republik Iran, der Volksrepublik China und Russlands sind für grausame, systematische Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Dabei arbeiten sie zusammen und unterstützen sich diplomatisch und logistisch.

Zum diesjährigen Tag der Menschenrechte werfen die Experten einen Blick auf die Situation im Iran, in Kuba, in der Volksrepublik China, in der Türkei, in Nordkorea und in Belarus.

Iran: Deutsch-Iranerin musste zurück ins Gefängnis
pixabay.com | ClkerFreeVectorImages
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Das Mullah-Regime im Iran will den Widerstand der Menschen durch Hinrichtungen und durch barbarische Härte gegen Protestierende brechen. Abgeurteilt werden die Aktivisten in Schnellverfahren – angeklagt wegen angeblichem „Krieg gegen Gott“ oder „Verderben bringen auf Erden“, wie der am 8. Dezember hingerichtete Mohsen Shekari. Die Herrschaft der Mullahs braucht den Terror, den Tod, die systematische Unterdrückung von Frauen und Minderheiten. Tausende Frauen und Männer im Iran gehen seit Wochen jeden Tag auf die Straße, um für ihre Freiheit zu demonstrieren. Sie lassen sich durch Gewalt, Festnahmen und Todesurteile nicht abschrecken. Bis jetzt sind bereits über 470 Menschen getötet worden, darunter 64 Kinder.

Die Menschen nehmen die jahrzehntelange systematische Unterdrückung nicht mehr länger hin. Wer dem Mullah-Regime ein Dorn im Auge ist, wird verhaftet. So ging es auch der Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi, die Mitte November zurück ins Evin Gefängnis in Teheran musste. Die Architektin ist seit ihrer willkürlichen Verhaftung am 16. Oktober 2020 eine politische Gefangene des Iran. Sie war in einem unfairen Prozess zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil sie sich für Frauenrechte eingesetzt hatte. Im Juli 2022 wurde sie in medizinischen Hafturlaub entlassen. Die IGFM setzt sich seit ihrer Inhaftierung für die Frauenrechtlerin ein und steht in engem Kontakt mit deren Tochter Mariam Claren. Gemeinsam mit den politischen Paten Bijan Djir-Sarai, MdB und Axel Voss, MdEP fordert die IGFM die sofortige Freilassung der Kölnerin.

Kuba: Aktuell rund 1.000 politische Gefangene auf der Karibikinsel

Die Menschenrechtslage ist auf Kuba so katastrophal wie seit langem nicht mehr. Oppositionelle Bewegungen werden weiterhin unterdrückt, Regimegegner verfolgt und inhaftiert. Viele politische Gefangene – zahlreiche Teilnehmer der Proteste vom 11. Juli 2021 – sind weiter in Haft und wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt, weil sie sich für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie auf Kuba eingesetzt haben. Dazu zählt der Deutsch-Kubaner Luis Frómeta Compte, der im Dezember 2021 wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ und „Anstiftung zum Aufruhr“ zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war. Auch Bürgerrechtler und IGFM-Vorstandsmitglied Felix Navarro und seine Tochter Saily Navarro wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Seit Januar wurden auf der Karibikinsel mindestens 1.350 Bürgerrechtler verhaftet. Experten gehen davon aus, dass es aktuell rund 1.000 politische Gefangene und Gewissensgefangene auf Kuba gibt – davon etwa 30 Minderjährige. Am 1. Dezember ist zudem ein neues Strafgesetz in Kraft getreten, demnach die Zahl der Straftaten, die mit der Todesstrafe oder lebenslänglicher Haft geahndet werden, zugenommen hat. Die IGFM sieht auch die jüngste Annäherung Kubas an Russland äußerst kritisch und befürchtet, dass sich die Menschenrechtssituation auf der Karibikinsel durch die Nähe zu Russland weiter verschlechtert.

China: Sinisierung Tibets schreitet voran
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Seit dem Amtsantritt von Staatspräsident Xi Jinping hat sich nach Aussage der Experten der IGFM die Menschenrechtslage in China – und dabei besonders in Tibet – immer weiter verschlechtert. Die Sinisierung der Region wird durch die Volksrepublik immer weiter vorangetrieben. Die systematische Ausrottung der tibetischen Kultur hat auch im Jahr 2022 drastisch zugenommen. Die IGFM erfährt jeden Monat von Menschen, die in der Region unterdrückt, verfolgt und verhaftet werden. So wurden im Oktober fünf Tibeter festgenommen und gefoltert, weil sie in der Öffentlichkeit Weihrauch angezündet und gebetet hatten. Einer der Inhaftierten starb an den Folgen der Misshandlungen. Im November wurden fünf tibetische Männer in der Provinz Amdo wegen eines Liedes über den Dalai Lama verhaftet, das sie im Rahmen eines Musikwettbewerbs auf einer chinesischen Videoplattform vorgetragen hatten.

Als Bundeskanzler Scholz Anfang November nach China gereist war, hatte die IGFM gefordert, dass bei solchen Terminen Menschenrechte und nicht Wirtschaftsdeals ganz oben auf der Agenda stehen sollten. Aktuell beobachtet die Menschenrechtler die massive und dauerhafte Einschränkung der Freiheitsrechte im Zuge der staatlich durchgesetzten Null-Covid-Politik mit großer Sorge.

Türkei: Minderheitenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Religionsfreiheit seit Jahren verletzt
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Durch die Abkehr vom Istanbul-Abkommen hat sich die menschenrechtliche Lage der Frauen in der Türkei weiter verschlechtert. Die Zahl der Femizide ist erschreckend hoch, Täter können in vielen Fällen mit Milde oder Straflosigkeit rechnen. Präsident Erdogan selbst erschüttert die Rechtsstaatlichkeit und grenzt die politisch-gesellschaftliche Debatte durch Kriminalisierung seiner politischen Gegner ein.

Mitte November hat die Türkei erneut Ziele in Nordostsyrien angegriffen und dadurch die ganze Region destabilisiert. Erdogan gehe es dabei um Vorherrschaft in der Region durch die „Vernichtung kurdischer Selbstbestimmung und Identität“. Denn die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien wird seit Jahren als störendes Element für die islamistisch-nationalistische Expansionspolitik der türkischen Regierung angesehen. Doch nicht nur die Kurden, auch andere Minderheiten wie Jesiden und assyrische Christen / Aramäer leiden in der Türkei seit Jahren unter massiven Menschenrechtsverletzungen.

Die IGFM fordert Präsident Erdogan auf, Minderheitenrechte und Religionsfreiheit im Innern zu achten und jedes Bündnis mit islamistischen Milizen in Syrien und sowohl die Vertreibungspolitik in Syrien als auch die Bombardierungen im Nordirak zu beenden. Die Türkei als NATO-Mitglied müsse auch die Ideale des Verteidigungsbündnisses verteidigen und sich der religiös und politisch motivierten Gewalt sowie der aggressiven Expansionspolitik verweigern.

Nordkorea: Grausame Menschenrechtsverletzungen durch China und Russland gedeckt
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Die Menschenrechtssituation hat sich auch in dem isoliertesten Land der Welt weiter verschlechtert. Während die Bevölkerung in Nordkorea hungert und unter Misswirtschaft, Zwangsarbeit, Verhaftungen und Indoktrination leidet, provoziert Kim Jong Un Südkorea und den Westen mit immer neuen Raketentests. Jeden Tag werden in Nordkorea grausame Menschenrechtsverletzungen verübt. Wegen kleinster vermeintlicher Vergehen werden Menschen in Arbeitslager gesteckt, gefoltert und getötet. Freiheitsrechte existieren in Nordkorea nicht, Christen werden verfolgt und es herrscht laut IGFM „ein Klima der Angst, Denunziation und Korruption, bei dem jeder nur ums Überleben kämpft“.

Menschenrechte seien für das nordkoreanische Regime schlichtweg ein Fremdwort, so die Experten. „Nordkorea terrorisiert seine eigene Bevölkerung und kann nur durch den Schutz von China und Russland bestehen“, erklärt Martin Lessenthin.

Belarus: Katastrophale Haftbedingungen für politische Gefangene
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Das belarusische Strafvollzugssystem ist eine Black Box und verfügt über keinen wirksamen Mechanismus zum Schutz der Betroffenen. Was in Untersuchungshaft, Gefängnissen und Strafkolonien geschieht, wird nur durch die persönlichen Aussagen derjenigen bekannt, die selbst in diesen Einrichtungen waren.

Die Haftbedingungen in Belarus sind katastrophal und entsprechen nicht den Regelungen gemäß Internationalem Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie dem UN-Übereinkommen gegen Folter. Insbesondere die Bedingungen der temporären Sicherungsverwahrung seien besonders schwierig: keine Betten, keine Duschen, keine Spaziergänge, überfüllte Zellen, unhygienische Bedingungen, schlechte Wasser- und Nahrungsmittelqualität und oft keine Zustellung von Post. Massenverhaftungen verschlimmern diese Bedingungen noch.

Die IGFM macht auf die Gesundheitssituation der politischen Gefangenen Kseniya Lutskina, Andrei Skurko, Uladzimir Hundar, Uladzimir Malakhouski, Ryhor Kastusiou, Andrei Voinich, Ryhor Kastusiou, Andrei Voinich, Aliaksandr Fiaduta und Volha Anishchuk aufmerksam. Allesamt leiden aufgrund der katastrophalen Mangelsituation, Folter und gezielter Verweigerung von medizinischer Behandlung unter schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen, dazu gehören: Bronchitis, Tumorerkrankungen, Diabetes, Tuberkulose und Herzrhythmus-Störungen. Ihnen muss sofort adäquate medizinische Behandlung zukommen, fordern die Menschenrechtler. Erst vor wenigen Tagen appellierte die IGFM an das Auswärtige Amt, gegenüber den belarusischen Behörden die Zulassung unabhängiger Ärzte und Fachleute für die inhaftierte Oppositionelle Maria Kolesnikowa einzufordern.

Pakistan, China, Nigeria, Iran, Indonesien, Eritrea, Afghanistan, Vietnam und Indien
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Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt unter Regimen, die das Recht auf freie Religionsausübung missachten. In den genannten Staaten kommt es regelmäßig zu Missachtung von Religionsfreiheit. Religiöse und ethnische Minderheiten sind dort immer wieder gezielter Repression, Gewalt und Lebensgefahr ausgesetzt. Insbesondere Christen in einigen der genannten Länder sind immer wieder Blasphemie-Vorwürfen und anschließend auch Todesurteilen ausgesetzt, so die IGFM.

Die Menschenrechtsorganisation ruft die Weltgemeinschaft zudem auf, die Situation in Afghanistan nicht zu vergessen. Dort sind Frauen sowie Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten extremer Repression und Verfolgung ausgesetzt. Unter systematischer Gewalt durch Taliban und IS leidet insbesondere die schiitische Minderheit der Hazara. Erst im September wurden über 50 junge Mädchen bei einem Anschlag auf eine Schule getötet. Aufgrund der systematischen geschlechtsspezifischen und religiösen Diskriminierung, der hohen Analphabetenrate und der extremen Armut, haben Hazara-Mädchen in Afghanistan täglich ein extrem hohes Risiko ihr Leben zu verlieren.

Die IGFM setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1972 für den Schutz der Menschenrechte und besonders für die Freilassung politischer Gefangener ein, prangert Menschenrechtsverletzungen an, engagiert sich in internationalen Gremien und leistet humanitäre Hilfe. Ebenso berichtet sie seit ihrer Gründung über Schicksale aus Glaubensgründen Verfolgter und von Menschen, die dieses wichtige Recht verteidigen.

Quelle

Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) 2022

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