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‚Sonnensteuer‘ blockiert weiter Energiewende

Bundesverband Solarwirtschaft e.V. fordert Bundestag auf, die Diskriminierung solarer Selbstversorger und Mieter endlich zu beenden.

Nach dem gestern vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) warnt die Solarbranche vor einem Verfehlen der Klimaschutzziele. Um endlich wieder Schwung in die Nachfrage nach Solarstrom zu bringen, dürfe die Nutzung von Solarenergie nicht weiter künstlich durch Steuern und Abgaben verteuert werden. „Wer Klimaschützer bestraft und Klimasünder laufen lässt, vertritt nicht die Interessen unserer Bürger und schadet unserem Land“, so Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar). In diesem Jahr droht bereits zum dritten Mal in Folge eine deutliche Verfehlung der von der Bundesregierung selbstgesetzten Ziele zum Ausbau der Photovoltaik.

Die Solarwirtschaft fordert den Bundestag auf, die 2014 geschaffene EEG-Umlage auf Solarstrom für den Eigenbedarf abzuschaffen, von der bislang lediglich Kleinstanlagen auf Eigenheimen befreit sind. Eine klare Absage fordert der Verband zudem gegenüber den vom Bundesfinanzministerium jüngst vorgelegten Plänen zu einer zusätzlichen Besteuerung gewerblicher solarer Selbstversorger mit der Stromsteuer, die ursprünglich im Rahmen der ökologischen Steuerreform eingeführt wurde. Dieses Vorhaben trifft auch in Regierungskreisen und im Bundestag zunehmend auf Widerstand, nachdem sich sowohl der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) wie auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) gegen eine Ökosteuer auf Ökostrom ausgesprochen haben.

„Ausgerechnet jetzt, wo Solarstrom preiswert geworden ist und eine verbrauchernahe Energiewende mit weniger Netzausbau ermöglichen würde, darf Solarstrom nicht durch Strafsteuern künstlich verteuert werden“, mahnt Körnig. „Wer Unternehmer finanziell belastet, die ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen wollen und auf Ökostrom umstellen, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Ohne ein Engagement der Wirtschaft kann die Energiewende unmöglich gelingen. Dieses ist zu fördern und nicht zu blockieren!“ so Körnig.

HINTERGRUND

Solarstrom aus neuen Photovoltaik-Anlagen ist inzwischen so preiswert geworden, dass neben Eigenheimbesitzern auch Unternehmen und Mieter ihn gerne stärker nutzen würden. Doch anstatt potenzielle Investoren zu motivieren, werfe die Bundesregierung ihnen immer neue Knüppel zwischen die Beine, beklagt die Solarwirtschaft. Bereits mit der anteiligen finanziellen Belastung gewerblicher solarer Selbstversorger mit der EEG-Umlage im Rahmen der vorausgegangenen EEG-Novelle 2014 habe die Bundesregierung die Photovoltaik-Nachfrage mehr als halbiert. Durch die nun drohende Auktionierung künftiger Zuwendungen für größere PV-Anlagen auf Gebäuden mit einer Spitzenleistung von mehr als 750 kW drohe die Nachfrage weiter ausgebremst zu werden. Anders als bei ebenerdigen Solarparks seien Ausschreibungen bei Photovoltaikanlagen auf Gebäuden zum Scheitern verurteilt, warnen viele Energie- und Finanzexperten übereinstimmend.

Als skandalös bezeichnet die Branche zudem die jüngst bekannt gewordenen Pläne aus dem Bundesfinanzministerium (BMF), den Eigenbedarf von Solarstrom oberhalb von 20 Megawattstunden im Jahr künftig zu besteuern. Körnig: „Solarenergie, die lokal erzeugt und verbraucht wird, ohne das öffentliche Stromnetz zu nutzen, darf nicht durch Steuern und finanzielle Umlagen künstlich verteuert werden. Es ist unerträglich, dass Solarstromerzeuger immer stärker zur Kasse gebeten werden, während die größten fossilen Energieverbraucher gleichzeitig großzügig entlastet werden. Das Verursacherprinzip wird damit weitgehend außer Kraft gesetzt.“ Gegen den jüngsten BMF-Vorstoß formiert sich gegenwärtig auch in den Reihen der Koalition zunehmend Widerstand.

Eine schnelle Wiederbelebung des Photovoltaik-Heimatmarktes ist nach Einschätzung des BSW-Solar dringend überfällig, damit Deutschland seine Technologieführerschaft auf einem der weltweit wichtigsten Wachstumsmärkte jetzt nicht verliert. Die Bundesregierung dürfe sich nicht der Verantwortung entziehen, das EEG jetzt endlich so nachzujustieren, dass künftig eine Unterförderung von Solarstrom ebenso vermieden wird wie eine Überförderung. Bereits 2014 sei dies versäumt worden.

„Eigenheimbesitzer, die von den Einschnitten bislang weitgehend verschont blieben, können die Energiewende unmöglich alleine stemmen. Gewerbe, Dienstleistung, Handel und Industrie würden ebenfalls ihren notwendigen Beitrag leisten, wenn man sie nur lässt. Es ist an der Zeit, dass die Energiewende auch in die Ballungsräume und Innenstädte Einzug hält. An geeigneten Flächen für eine gute Sonnenernte würde es nicht mangeln“, so Körnig.

In zahlreichen Gesetzgebungsverfahren entscheidet die Bundesregierung derzeit darüber, wer vom weiteren Ausbau von Solar- und Windkraft vor allen Dingen profitieren wird. Nach Einschätzung des BSW-Solar stelle sich die Frage, ob Mittelstand und bürgerschaftliches Engagement weiterhin Treiber und Rückgrat der Energiewende bleiben können oder aber durch Ausschreibungen auch kleinerer EE-Projekte künftig eine Remonopolisierung drohe. Diese würde die Akzeptanz des Generationenprojektes insgesamt gefährden.

Mit dem Klimavertrag von Paris wurden die Weichen für eine dekarbonisierte Zukunft gestellt; bis Mitte des Jahrhunderts soll die Energieversorgung nahezu vollständig klimaneutral erfolgen. Nur so kann die Erderwärmung auf ein noch einigermaßen erträgliches Maß begrenzt werden. Neben der Stromerzeugung müssen auch die Wärmeversorgung und die Mobilität einem grundlegenden Wandel, einer echten Energiewende unterzogen werden. Notwendig ist dafür ein konsequenter Ausbau Erneuerbarer Energien.

Quelle

Bundesverband Solarwirtschaft e.V. 2016

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