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Wir haben sie ermordet

Schluss mit der Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen: warum sich die Deutschen ein Beispiel an Papst Franziskus nehmen sollten. Ein Kommentar von Franz Alt erschienen im „SPIEGEL“ 29/2013.

Bei seiner Messe auf der Flüchtlingsinsel Lampedusa benutzte Papst Franziskus in der vorigen Woche einen Hirtenstab und einen Holzkelch, die aus den Überresten eines Flüchtlingsschiffs gefertigt waren. Der Altar für seine Messe stand auf einem Boot von Geflüchteten.

Der Pontifex wollte keinen Pomp, keinen Prunk und kein Getöse. Sein „Papamobil“ auf der italienischen Insel der Gestrandeten und Verlassenen war ein 20 Jahre alter geliehener Geländewagen. Der neue Papst wollte auf seiner ersten Reise ein politisches Zeichen setzen. Kein Staatsbesuch, sondern eine Reise zu den Ärmsten.

Eine hilflos-naive Geste eines greisen Kirchenfürsten oder der Startschuss für eine humanere europäische Politik gegenüber tausenden Afrikanern auf der Flucht?

20.000 Flüchtlinge sollen in den vergangenen 20 Jahren im Mittel­meer an den Außengrenzen Europas ertrunken sein. Ihr Vergehen: Sie träumten von einem besseren Leben statt Armut, Hunger und Klimakatastrophe. Klaus Töpfer vermutet, dass bereits 18 Millionen Klimaflüchtlinge über unseren südlichen Nachbarkontinent irren.

Den Klimawandel aber haben nicht die Afrikaner, den haben wir verursacht. Tatsächlich sind die 20.000 nicht zufällig ertrunken, in Wirklichkeit haben wir sie ermordet. Zumindest aber sind wir mitschuldig wegen unterlassener Hilfeleistung.

Quelle

© Franz Alt 2013Erstveröffentlichung „Spiegel“ 29/2013

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